Direct-to-Customer (D2C): der B2B-Direktvertrieb

Lange führte für Markenhersteller kein Weg vorbei an mehrstufigen Vertriebsstrukturen bzw. dem Handel. Wertvolle B2B-Kundenbeziehungen und Margenanteile wurden Zwischenhändlern überlassen. Dabei ermöglichen Marktentwicklungen, insbesondere aus dem B2C-Bereich, für den Hersteller seit einiger Zeit die Möglichkeit, direkt in Kundenbeziehungen zu treten. Doch die Vorteile, die sich aus dem direkten Kontakt ergeben, werden noch nicht von allen Unternehmen genutzt. Wir erläutern dir aus unserer Projekterfahrung, wie sich Chancen aus D2C für Hersteller gewinnbringend verwerten lassen und welche Herausforderungen es gibt.

Ausgangslage: Neue Herausforderungen im B2B-Vertrieb

Aktuelle Herausforderungen im Markt wie Rohstoffmangel, Lieferengpässe und steigende Preise belasten die Beziehungen zwischen Herstellern von komplexen, beratungsintensiven Produkten zu ihren Kunden. Hinzu kommt ein größerer Wettbewerb zwischen den Herstellern in schwierigen Zeiten. Die bisherigen Strukturen im Vertrieb erlauben es Herstellern nicht, direkt mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und Beziehungen zu festigen. Etwaige Probleme werden stattdessen von Zwischenhändlern abgefangen und möglicherweise nicht zur Zufriedenheit der Hersteller gelöst, da Zwischenhändler meist mehrere Lieferanten und Interessen vertreten.

Gleichzeitig verändern sich die Anforderungen der Kunden im B2B-Bereich. Vertrauenswürdige Geschäftsbeziehungen werden immer wichtiger; die Kundin bzw. der Kunde will eine Beratung direkt beim Hersteller, um dort auch Gehör für Sorgen und mögliche Lösungen zu bekommen. Ein optimales Kauf- und Kundenerlebnis, das bereits im B2C-Sektor die wichtigste Zielstellung im Commerce darstellt, gewinnt immens an Bedeutung für den Erfolg auch im B2B-Vertrieb. Zunehmend wichtig wird auch die Vereinfachung von Abwicklungsprozessen. Alles soll möglichst schnell, flexibel und effizient ablaufen – und natürlich digital.

Eine Lösung bietet das Modell des B2B-Direktvertriebs. Mit einer D2C-Strategie in Vertrieb und Marketing können Hersteller direkt in den Austausch mit ihren Kundinnen und Kunden gehen und den neuen Herausforderungen und Anforderungen begegnen. Allerdings gibt es auch Hürden, wie etwa fehlendes Know-how, nicht passende Prozesse oder Infrastruktur.

Was ist Direct-to-Consumer oder -Customer (D2C)?

Direct-to-Customer bzw. -Consumer (D2C) oder Direktvertrieb ist der direkte Verkauf von einem Produkt oder einer Dienstleistung durch den Hersteller an seinen Endkunden, also ohne einen Zwischenhändler.

Ein D2C-Vertrieb beeinflusst die komplette strategische Ausrichtung eines Unternehmens, insbesondere im Vertrieb und Marketing.

Für den Hersteller bedeutet das:

  • Er benötigt eigene Absatzwege und -strukturen
  • Die Customer Journey muss ganzheitlich gedacht werden
  • Infrastrukturen und Kommunikationskanäle für die direkte Kundenkommunikation müssen aufgebaut werden

Eine Umfrage unter Führungskräften in B2B-Unternehmen ergab, dass eigene Verkaufsplattformen in den nächsten 5 Jahren stark an Relevanz gewinnen werden. Es gibt unterschiedliche Formen für Markenhersteller für den Direktvertrieb. Commerce kann direkt über den eigenen Shop online erfolgen oder der Hersteller kann seine Produkte über Plattformen wie Marketplaces verkaufen. Wichtig ist es, die richtige Form für das jeweilige Unternehmen zu definieren, abhängig von Strategie, Produkt und Kunden.

Vorteile für Marken im B2B-Direktvertrieb ohne Zwischenhandel

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1.

Durch das Sammeln von Kundendaten aus erster Hand (First-Party-Daten) erhält der Hersteller mehr Transparenz über seine Kundinnen und Kunden, ihre Zufriedenheit und ihre Customer Journey. Aus den Erkenntnissen lassen sich Handlungsansätze für zukünftige Produkte, Strategien im Vertrieb und angepasste Marketingmaßnahmen für die Marke ableiten. Dem einzelnen Kunden können individuelle Angebote gemacht werden, die ganz auf seine Bedarfe zugeschnitten sind.

2.

Durch D2C hat der Hersteller endlich die Möglichkeit, eine direkte Kundenbeziehung aufzubauen und diese zu langfristigen Partnerschaften auszubauen. Auf Probleme wie steigende Preise kann individuell eingegangen und zugeschnittene Lösungen für den einzelnen Kunden gefunden werden. Dies führt wiederum zu einer verfestigten, auf Vertrauen basierenden Kundenbindung und somit zu einer höheren Kundenzufriedenheit.

3.

Der Hersteller kann den Preis für seine Produkte für den Endkunden selbst festlegen und vermeidet Preissteigerungen durch Zwischenhändler, die ihre eigene Marge vergrößern wollen. Dies wiederum macht sich durch niedrigere Preise für den Endkunden und einen wirtschaftlichen Vorteil für den Hersteller bemerkbar.

4.

Im D2C hat der Hersteller die volle Kontrolle über das Marketing und die Kommunikation sein Produkt bzw. seine Marke betreffend. Er entscheidet, wie Produkt und Marke präsentiert werden, und sorgt damit für einen konsistenten Markenauftritt online und offline. Das Markenbild und der Außenauftritt werden nicht durch den Zwischenhändler verwässert. Durch den direkten Endkundenkontakt hat der Hersteller zudem die Hoheit über den Umgang mit Reklamationen oder beratungsintensiven Kundinnen und Kunden. Er prägt allein, wie sein Produkt bzw. seine Marke wahrgenommen werden, und schärft das Außenbild seines Unternehmens.

Herausforderungen für Hersteller und Marken im Direktvertrieb

Ein strategisches Umdenken und Aufbrechen von internen Strukturen und Prozessen ist nötig. Dabei haben Unternehmen des Mittelstands oft sehr spezifische Herausforderungen. Die meisten ergeben sich allerdings in den folgenden Bereichen:

  • Kundenzentrierung: Kunden-Insights und -Daten müssen nutzbar gemacht und die Customer Journey muss verstanden und optimiert werden (online und offline)
  • Kundenbeziehung: Bestehende Marketingstrategien müssen um neue Kundenkommunikationsansätze und Kanäle ergänzt werden (z. B. Social Media, Kunden-Service)
  • MarTech-Entwicklung: Neue technische Lösungen und Prozesse müssen implementiert und aufgebaut werden. Vor allem B2B-E-Commerce-Ansätze spielen hier eine essenzielle Rolle, um einen eigenen Shop bzw. Ansätze zum B2B-Direktvertrieb umsetzen zu können
  • Datenstrategie: Bestehende Marketinginhalte müssen ergänzt und die Datenqualität muss neu strukturiert werden
  • Absatzkanal-Entwicklung: Es bedarf eines eigenen Ansatzes für den Vertrieb von der Wertschöpfungskette des Kaufprozesses über die Logistik bis hin zum Customer-Service
  • Partnerbeziehung: Mögliche Konflikte mit dem eigenen Handel müssen gelöst bzw. Zwischenhändler eingebunden und neue Dienstleister gesteuert werden
Zwei Arbeitskollegen tauschen sich aus
Eine Arbeitskollegin spricht vor zwei KollegInnen

Drei Tipps zu Herangehensweisen, um direkt in den Kundenkontakt zu treten

Rechte- und Rollenkonzepte im B2B E-Commerce

1. Basis für Erfolg: Kundenanforderung verstehen

Gehe zunächst direkt in den Austausch mit deinem Endkunden und erfahre mehr über seine Anforderungen und Journey (Customer Insights). Anschließend ist es wichtig, dass die Silos (von Abteilungen, aber auch Daten) in deinem Unternehmen abgebaut werden und Marketing und Vertrieb Hand in Hand arbeiten.

Kundenindividuelle Preisstruktur

2. Im Kleinen starten: Bereich für Verkauf wählen

Setze den Fokus im Verkauf zunächst auf ein spezifisches Leistungsangebot, Produkte oder Kundensegment zur Pilotierung des Ansatzes und zum Aufbau der passenden Commerce- und Kommunikationsstruktur (online, ggf. bereits inklusive Shop).

Zukunftsfähige Architektur

3. Aktuelle Strukturen im Vertrieb berücksichtigen: Händler nicht vergessen

Beziehe aktuelle Strukturen im Vertrieb mit ein, indem du Transparenz erzeugst. Deine Händler sind ein bisheriger wichtiger Partner in der Customer Journey der Kunden.

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Christian Vogl Experte für D2C
Christian Vogl, Projekte

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